#32a Das Buch (Teil1)

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – oder?

Ich habe ein Geheimnis.

Im Alltag bin ich damit kaum aufgefallen und wenn doch, dann konnte ich mich meist problemlos aus der Affäre ziehen. 

Als ich den Aushang für unseren Betriebsausflug las, wurden meine Wangen rot und meine Kehle trocken. Ich war noch neu, ich musste auf jeden Fall teilnehmen. Und dort stand es: Fahrradtour.

Es hallte nach in meinem Kopf. Ich stand fassungslos da. Denn ich kann nicht Fahrrad fahren.

Wann immer ich das jemandem erzähle, schaue ich in weit aufgerissene Augen. Ungläubig. Geschockt. Dann rede ich mich irgendwie heraus, das ist mir lieber so.

Tatsache ist, dass ich als Kind nie Gelegenheit bekam es zu lernen. Es gab kein Fahrrad. Ende.

Später stand der mickrige Wunsch, es doch zu können, meiner ausgeprägten Unsportlichkeit gegenüber. Da genügten ein paar Stürze und der Wunsch war dahin.

Sollte ich also bei der Wahrheit bleiben und einfach kein Fahrrad haben? Da stand etwas von Leihrädern. Mir wurde schlecht.

Mit gesengtem Blick und zitternder Stimme ging ich zum Chef. Er gab sich Mühe, aber auch er fiel vor Erstaunen aus allen Wolken. Er sah mich an, als hätte ich plötzlich süße Zöpfchen, einen roten Luftballon in der einen und Zuckerwatte in der anderen Hand.

Der Ausflug würde aber kein Problem sein, denn es gab auch eine Wandergruppe, der er sich auch anschließen wird.

Hätte ich gewusst, dass der zweite Aushang für die Wanderer am nächsten Tag noch folgen würde, hätte ich mir diese Szene erspart.

Die Situation hatte mich gezwungen, stärker zu sein, als ich es in dem Moment war.

Einmal wachgerufen wuchs diese Stärke, sodass ich die Hilfe einer Kollegin annahm, die mir anbot, mit mir zu üben. Auf dem Betriebsgelände.

Ein erster Schritt in die richtige Richtung.

 

 

(Fortsetzung folgt)

 

Cordelia (41), NRW

herzblut floss ehrlich, mutig, schrittweise.

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